Monika - Hannes Wader
Zu einer Zeit, in der ich sehr allein war, so ohne einen Menschen,
schaffte ich mir ein Schwein an, das ich Monika nannte.
Ich stellte es auf meinem Balkon unter und fütterte es mit Abf llen,
die ich aus den Mülleimern kramte.
Das Tier fra auch jeden Dreck, machte aber gleichzeitig so viel Mist,
dass es schon nach wenigen Wochen bis zum Hals in der eigenen Jauche steckte.
Um es vor dem Ertrinken zu retten,
setzte ich einen Sessel mitten rein und band die Sau mit Stricken darauf fest.
Um den Mist nun loszuwerden,
wandte ich mich mit einer Zeitungsanzeige
an die Kleing rtner der Umgebung.
Das Interesse dieser Menschen, an echtem Schweinedung war riesengro ,
und schon am n chsten Tag standen sie in Schlangen unter meinem Balkon.
Die Jauche flo in Str men – und manche wollten sogar was
dafür bezahlen. Irgendwie sprach sich das auch herum.
Die Leute grü ten mich wesentlich freundlicher als sonst –
ich wurde jetzt geachtet als ein Mann,
der es versteht, aus Schei e Geld zu machen.
Einmal, es war Sommer, die Sau sa drau en breitbeinig
in ihrem Sessel und sonnte sich,
da h rte ich sie pl tzlich aufgeregt grunzen.
Ich riss die Balkontür auf und sah noch,
wie sich Frau Klotzkes widerlicher K ter an ihr zu schaffen machte.
Als ich mich dazwischen werfen wollte,
wurde der Hund pl tzlich an einem Bindfaden hochgezogen
Und auf dem Balkon über mir sang ein Haufen frühreifer
Kinder: Eene, meene, mackel, die Sau machts's mit nem Dackel!“
Durch diese unfreuliche Erlebnis fühlte
ich mich noch enger an Monika gebunden
und ich nahm ihren ersten Geburtstag
als Anlass für eine kleine interne Feier.
Es machte ihr auch sichtlich Freude,
sich vorn und hinten von mir bedienen zu lassen.
Abends zündete ich eine Kerze an,
stellte ihr einen Eimer billigen Fusel hin,
mir selbst eine Flasche Schnaps
Und gemeinsam soffen wir eine Weile vor uns hin,
und ich erz hlte ihr was von mir.
Um unserem Fest nun einen besonderen Pfiff zu geben,
legte ich eine hei e Platte auf, und das h tte ich nicht tun sollen.
Denn kaum h rte Monika die ersten T ne,
plumpste sie,
besoffen wie sie war, von ihrem Sessel und fing wie irrsing an zu tanzen.
Unf hig mich zu rühren, sah ich,
wie sich der Balkon langsam vornüber neigte
und dann mit unbeschreiblichem get se in die Tiefe stürzte,
W hrend Monika, laut gr hlend,
mit dem Kopf nach unten,
in der Astgabel einer Platane schaukelte, die direkt am Hause stand.
Ein Jahr ist inzwischen vergangen,
seit Monika wegen Alkoholvergiftung notgeschlachtet werden musste.
Ich fühle mich schuldig an ihrem Tode und habe mich
jetzt fast ganz zurückgezogen.
Um alles wieder gutzumachen, wollte ich mir
schon ein neues Schwein anschaffen,
aber der Gedanke daran hat alles Vergangene wieder in mir aufgerührt.
Stattdessen habe ich mich für eine mittelschwere Frau entschieden.
Der Balkon ist bereits repariert,
und frisches Stroh habe ich uns auch schon besorgt...